Gipfelstürmer

3020 Meter Höhe. 500 Meter Abgrund. 150 Schritte Herzklopfen. Das soll mich laut Werbung auf dem "Titlis Cliff Walk" erwarten, der spektakulären Hängebrücke hoch oben am Titlis-Gipfel. "Zum Überqueren brauchst du Nerven so stark wie die Drahtseile, an denen die Brücke hängt", heisst es vielversprechend...

Die Titlis Rotair-Bahn bringt mich zur Gipfelstation auf 3020 m über dem Meer. Der Titlis-Gipfel liegt aber viel höher auf 3238 m. Es gibt zwar im Winter keinen Weg nach oben - aber ich muss da einfach hoch! Es ist nur noch wenig Zeit bis zum Sonnenuntergang! Und so stapfe ich querfeldein den sehr steilen Hang hinauf, immer auf der Suche nach Fussspuren, die mir das Hinaufkraxeln etwas einfacher machen. Mit Schneeschuhen wäre es vielleicht ein Spaziergang gewesen. Aber nach gut 45 min bin ich endlich oben und werde mit einer tollen Aussicht, einem knallrot gefärbten Himmel und eisigen Minusgraden (etwa -10 Grad) belohnt. Gut, dass der Weg so schweisstreibend ist, sonst wäre ich glatt erfroren! Ich merke jetzt nur, dass Fotografieren mit Fausthandschuhen gar nicht so einfach ist... Der Rückweg zur Gipfelstation dauert länger, da es recht glatt ist und man im Schneegestöber nicht so viel Halt hat.

Nun will ich aber natürlich noch den neuen Titlis Cliff Walk ausprobieren, der so reissend beworben wurde. Es soll die höchstgelegenste Hängebrücke Europas sein. Sie spannt sich vom Südwandfenster der Gipfelstation bis zur Bergstation der Gletscher-Sesselbahn "Ice Flyer". Und was ich nicht alles darüber gelesen habe: Von "Adrenalinbrücke" bis "Herzklopfen pur" war alles dabei! Und als ich so drübergehe, spüre ich weder Herzklopfen noch Höhenangst. Und ich bekomme auch keinen Adrenalin- oder sonstige Hormonschübe. Alles halb so wild! Schön ist aber, dass um 16.30 Uhr schon alle Touristen verschwunden sind und ich den Sonnenuntergang ganz allein und entspannt geniessen kann. :-)

PS: Wer eine wirklich aufregende Hängebrücke betreten will, muss zum Trift-Gletscher im Berner Oberland fahren...