Graduation

Hallo Ihr Lieben,
wow, was für ein Jahr ging gerade zu Ende! 
Ein Jahr komplett im afrikanischen Busch, ein Jahr voller Eindrücke, ein Jahr unter lauter wilden Tieren, ein Jahr ganz im Einklang mit der Natur!

Doch der Reihe nach: Nach meinem fast halbjährigen Praktikum in der Baluleni Safari Lodge blieben mir noch zwei Wochen, die für den „Advanced Birding“-Kurs und die Graduierung geplant waren.
Der Advanced-Birding-Kurs fand wieder in Mashatu (Botswana) statt. Dieses Camp war inzwischen zu meinem Lieblingscamp geworden. Die schroffen Sandstein-Koppies, die unberührte Natur und die endlose Weite, die von einzelnen Baobabs durchzogen wird, hatten es mir angetan.

Schön war es, endlich meine ursprünglichen Mit-Kommilitonen wieder zu treffen, die ich seit einem halben Jahr nicht mehr gesehen hatte. Da gab es am Anfang viel zu erzählen, da jeder ganz unterschiedliche Erfahrungen während des Praktikums gemacht hatte. Einige von uns waren in Lodges im Caprivi-Streifen (Namibia), andere in der Provinz KwaZulu-Natal im Osten Südafrikas und andere wiederum waren in ökologische Forschungsprojekte involviert. Aber alle waren froh, dass die „Bush-Family“ wieder zusammen war, wenn auch nur für zwei Wochen.

Die Regenzeit hatte nun endlich eingesetzt (2 Monate zu spät) und es regnete die ersten 2 Tage ununterbrochen. Das machte das Schlafen in den kleinen Zweimannzelten etwas ungemütlich. Auch konnten wir in dieser Zeit kaum rausfahren, da die Wege sich zu Schlammfeldern entwickelt hatten. Erst am dritten Tag in Mashatu hellte es auf und ein kleines Wunder geschah: Der Motloutse-River, an dem unser Camp lag, war eigentlich immer ausgetrocknet gewesen. Auf einmal konnten wir zusehen, wie sich der Fluss innerhalb weniger Stunden mit Wasser füllt. Wie eine Flutwelle kam das Wasser aus den Bergen herunter und füllte den trockenen Flusslauf mit Wasser. Das ist so beeindruckend, dass ich es filmen musste, damit mir später jemand glaubt. Jetzt weiß ich, warum man nie in trockenen Flussläufen übernachten soll, weil so eine „Flut“ einen ganz plötzlich über Nacht überraschen kann...
Der fortgeschrittene Birding-Kurs war „more advanced“ als ich gedacht hatte. Hatten wir beim Basic Birding-Kurs noch ca. 105 Vögel sowohl nach Aussehen als auch nach Gezwitscher erkennen müssen, so waren es jetzt auf einmal 395. Und der Kurs ging nur eine knappe Woche. Zu kurz, um sich so viele neue Vogelstimmen einzuprägen. Wie schon gesagt, benötigt man oft Eselsbrücken, um Vogelstimmen zu lernen und man muss es ganz oft wiederholen.

Tagsüber sind wir wieder zweimal täglich zur Vogelbeobachtung rausgefahren, und zwar jedes Mal in ein etwas anderes Ökosystem, um so viele unterschiedliche Arten wie möglich zu sehen. Mit dabei hatten wir immer unser Fernglas und die Checkliste mit den 395 Vögeln, von der wir immer die Vogelarten abstreichen konnten, die wir bereits gesehen hatten (auch wenn nur kurz für 3 Sekunden ganz weit weg...) Es ist aber absolut erstaunlich, wie viele Arten man wirklich sieht! Das ist kein Vergleich mit Europa. Wir haben sicherlich mindestens 300 Arten von der Liste wirklich sehen können! Unser Vogel-Instructor Duncan McKenzie war ein echter Experte oder “Bird-Nerd“, wie man im Englischen sagt. Er konnte schon Vögel identifizieren, die wir gerade mal (auch mit Fernglas) als kleine schwarze Punkte in der Ferne wahrnehmen konnten. Dementsprechend hoch war auch seine Erwartungshaltung an uns. Also hieß es wieder: jede freie Minute zum Büffeln nutzen. Man konnte wieder alle Leute mit kleinen Kopfhören im Camp rumlaufen sehen, um die Vogelstimmen aus unseren Bird-Apps zu lernen...
Die Prüfung bestand wieder aus drei Teilen: je einem Test, wo wir die Vögel anhand von Slides und anhand der Stimmen identifizieren mussten und einer Field Observation, wo uns Vögel im Busch gezeigt wurden, die wir benennen mussten. Letzteres galt immer als schwierigere Übung, da die Vögel in den meisten Fällen nach wenigen Sekunden bereits wegfliegen und man sie oft nicht nah genug sieht. Komischerweise habe ich diesen Test aber zu 100% bestanden. Es gehört also auch immer ein Quentchen Glück dazu!

Der Slide und Call Identification Test waren dagegen schwieriger, da auch Vögel abgefragt wurden, die man nicht oft gesehen hatte. Wir mussten je 50 Slides und 50 Calls benennen. Dazu kamen noch 5 „Exoten“, wo man das Buch oder die App zu Rate ziehen durfte. Ich habe beim Slide Test immerhin 68% erreicht, bei den Calls allerdings nur 48%. Hier war die Zeit zum Büffeln einfach zu knapp. Man muss in jedem der drei Tests mindestens 75% erreichen, um den gesamten Advanced Birding-Kurs zu bestehen. Somit war dies der einzige Kurs während meiner einjährigen Ausbildung, den ich nicht bestanden habe. Er ist aber auch keine Voraussetzung zum Bestehen der Ausbildung, sondern nur ein Zusatzkurs...

Je mehr man sich mit Vögeln beschäftigt, umso mehr fängt man an, sich für diese Tiere zu interessieren! Ich bin zwar nicht zum Bird-Nerd mutiert, aber ich habe angefangen, auf die Vogelstimmen am frühen Morgen zu achten und wusste mit der Zeit, welche der Winzlinge mich geweckt hatten. Auch habe ich während des Praktikums immer für interessante Vögel angehalten. Und wenn man einen Vogel nicht kannte, so hatte ich immer den Ehrgeiz, ihn anschließend mit meiner App zu identifizieren...
Nach der Woche in Mashatu ging es für die finale Woche unserer Ausbildung zurück nach Südafrika, und zwar wieder nach Makuleke, wo wir bereits im Juli unseren 3-tägigen Wilderness Trail absolviert hatten. Dieser nördliche Teil vom Krüger Nationalpark ist wenig besucht und speziell Makuleke ist sogar gesperrt für Touristen. Aber diese Konzession zeichnet sich durch eine beeindruckende Landschaft aus: große Fever Tree Forests, riesige Baobabs und viele Palmen (Lala Palms und Wild Date Palms). An großen Säugetieren dominieren hier vor allem Elefanten, Gnus und Büffel, während man Löwen in Makuleke fast gar nicht sieht. Das Gebiet liegt nahe dem Limpopo River und im Dreiländereck zwischen Südafrika, Zimbabwe und Mocambique. 

Das Eco Training Camp hier ist eigentlich das Komfortabelste von allen. Es gibt kleine Hütten auf Stelzen und mit Strohdach, sogar mit eingebauter Dusche/Toilette. Somit entfiel hier der nächtliche „Busch-Ausflug“ zur Toilette bei Nacht... Die letzte Woche der Ausbildung war eigentlich die Entspannendste von allen. Kein Lernen mehr, keine Lessons - nur noch Game Drives und Walks zweimal täglich. Ich habe von der Möglichkeit der Walks reichlich Gebrauch gemacht, da ich während des Praktikums fast nur im Auto war und die Landschaft hier prädestiniert ist für faszinierende Wanderungen. Diese sind auch ziemlich herausfordernd, da man alle 500 m auf Büffel oder Elefanten trifft, die man oftmals durch die vielen Büsche und Palmen kaum im Vorhinein sieht...

Aber diese Walks waren mit die schönsten der Ausbildung! Durch die beginnende Regenzeit erstrahlte alles im satten Grün, die kleinen Flüsse hatten langsam wieder Wasser und wir kamen ständig an Tausende von Jahren alten Baobabs vorbei oder durchwanderten märchenhafte Fieberbaumwälder...
Zur Graduierung erwarteten wir zum ersten Mal Gäste in unserem Bush-Camp. Es gab die Möglichkeit, dass jeder max. 2 Familienmitglieder oder Freunde dafür einladen konnte. Bei mir kam zwar keiner wegen der Entfernung, aber vor allem meine südafrikanischen Kommilitonen machten davon Gebrauch. Es wurde auf einmal etwas eng im Camp und wir mussten zusammenrutschen, aber es tat auch der Stimmung gut. Die Gäste wurden von uns bewirtet und auf den Walks und Drives geführt - so, als ob es richtige kommerzielle Gäste wären. Das diente dazu, unsere Skills vorzuführen und zu zeigen, was wir in einem Jahr so alles gelernt haben. Die Gäste waren in der Tat auch wirklich beeindruckt von unseren neuen Fähigkeiten und natürlich sehr stolz auf ihre „Zöglinge“.

Am letzten Abend sind wir noch einmal für einen letzten Sundowner rausgefahren und haben Gruppenbilder gemacht. Die Stimmung war sehr ausgelassen - alle wussten, es würde der letzte Tag in dieser Konstellation sein. Als wir zurück ins Camp fuhren, war es bereits dunkel und wir wurden durch hunderte von kleinen Teelichtern begrüßt, die uns den Weg zur Graduierungszeremonie wiesen. Rund ums Feuer waren hübsch gedeckte Tische aufgebaut und alles war romantisch geschmückt. Zum Essen gab es wieder das traditionelle südafrikanische Brai - Grillfleisch in allen Variationen mit Pap (Maisstampf) und Chakalaka (Würzsauce mit Paprika). Nach einer festlichen Rede von EcoTrainings Ausbildungschef wurden uns die Zertifikate überreicht. Jeder durfte dabei noch eine kleine Dankesrede halten. Das war ein wirklich schöner und feierlicher Abschluss des Jahres!
Meine „Graduation Speech“ habe ich im nachhinein noch mal aufgeschrieben und möchte sie Euch hiermit präsentieren. Ich habe sie mit Absicht nicht übersetzt, um sie möglichst originalgetreu und unverfälscht wiederzugeben:
  • „The bush year is already over! It felt like yesterday when I packed my suitcase in January! Even longer ago I made my decision to break out of my daily work to spend a year in Africa and be trained to be a professional field guide
  • I don’t regret this decision for a minute! To be out in the bush all day is invaluable! It felt so natural to wake up and go to sleep with the sun. To learn all the important connections between plants and animals has really broadened my horizon. Tomorrow I will fly back to Germany. I already see myself tracking a domestic dog in a park in Berlin or try to figure out which bird call has woken me up in the morning. Maybe I will even install the Natal spurfowl call as my future alarm on my mobile phone..
  • For the wonderful Wildlife experience I would like to thank all the EcoTraining instructors (which always showed a lot of passion for the bush), my fellow students (with whom I could share these wonderful sightings and experiences), Jaclyn for the always good support, my agency for the counsel in advance and finally myself to make this dream come true.
  • I am proud to have finally this certificate in my hand. It shows what you can reach with a little dedication. But even more important are the learnings I got from the bush for my future life. There are many of these learnings. But here is the most important one I heard from Bruce Lawson during our 3 days wilderness trail:
  • Yesterday is history, tomorrow is aa mysteryNow is a gift, that's why it's called present.
  • I already had a passion for Africa before I came here but during this year I even fell in love with the bush. So for the moment I can say: „Africa - its not over yet - see you soon!“
Ich bin jetzt akkreditierter Apprentice Field Guide sowie Apprentice Trails Guide und sehr stolz darauf. Es zeigt, was man alles erreichen kann mit ein wenig Willenskraft und Leidenschaft. Natürlich stehen dahinter zahllose Stunden des Lernens und Übens. Aber all der Schweiß war es absolut wert! Ich habe meine Entscheidung, für ein Jahr in den afrikanischen Busch zu gehen, nie bereut. Es hat mich weitergebracht und meinen Horizont enorm erweitert. Gerade heute - in Zeiten des Klimawandels und des Artensterbens - ist es wichtig, wieder mehr zurück zur Natur zu finden, ihre Zusammenhänge zu kennen und sie besser zu schützen! Denn die Wildnis ist in uns allen tief verwurzelt, wir müssen nur wieder lernen auf ihre Stimme zu hören...

Nun heißt es aber erst einmal: Volle Kraft voraus für 2020. Es warten neue Herausforderungen auf mich, die ich nun entspannter angehen werde. Denn ich weiß: Das Tor nach Afrika steht weiterhin offen. Und ich kann jetzt schon versprechen: „Africa - see you soon!“

In diesem Sinne danke ich nochmal allen, die mich in diesem Jahr begleitet und unterstützt haben, und wünsche Euch ein gesundes und erfolgreiches neues Jahr 2020! 

KEEP WILD!

Euer Sebastian.

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Kommentare: 2
  • #1

    Mathias Claus (Sonntag, 02 Februar 2020 23:38)

    Congratulations Sebastian!
    To be honest , Facebook is not my favorite lecture. But during the last year I tracked every post and photo on your Facebook and was equally enthusiastic and impressed. Thanks for that! So it was a great year to take part at your great adventure.
    Have good fly back home and a very warm welcome back in the big city jungle.
    Mathias Claus

  • #2

    Malgorzata Klafke (Montag, 03 Februar 2020 23:29)

    Lieber Herr Homuth, danke für Ihre Afrika-Story, die ich mit Sehr großem Interesse + Vergnügen gelesen habe. Tolle Leistung, bin echt beeindruckt, was Sie im letzen Jahr erlebt und gelernt haben. Gratulation von ganzem Herzen! Ich freue mich auch auf weitere wunderschöne Fotos. Ganz liebe Grüße, M. Klafke �

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